Dissertation   Wie kann man komplexe Themen wie Globalisierung oder europäische Integration vermitteln?

 

 

(» Ragnar Müller)

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 Grundprobleme der EU-Vermittlung (VI)  

 Fehlende Referenzebene

Die EU ist das Schnabeltier der Politikwissenschaft. Was heißt das?

"Die ersten Zoologen klassifizierten Säugetiere als solche, die ihre Jungen säugen, und Reptilien als solche, die Eier legen. Dann wurde in Australien das Schnabeltier entdeckt, das wie ein Reptil Eier legt und seine Jungen nach dem Ausschlüpfen wie ein Säugetier säugt.

Die Entdeckung schlug ein wie eine Bombe. Was für ein Rätsel! rief man ... Was für ein Naturwunder. Als gegen Ende des 18. Jahrhunderts die ersten ausgestopften Exemplare aus Australien in England eintrafen, hielt man sie für eine Fälschung und glaubte, Teile verschiedener Tiere seien zu einem zusammengefügt worden.

Selbst heute noch findet man gelegentlich Artikel in naturkundlichen Zeitschriften, die fragen: 'Wieso gibt es dieses Paradox der Natur?' Die Antwort lautet: Es gibt dieses Paradox gar nicht. Das Schnabeltier benimmt sich keineswegs paradox ... Schnabeltiere haben seit Jahrmillionen Eier gelegt und ihre Jungen gesäugt, lange bevor einige Zoologen daherkamen und es für illegitim erklärten.

Das eigentliche Rätsel ... liegt darin, dass ... wissenschaftlich ausgebildete Beobachter dem armen, unschuldigen Schnabeltier die Schuld für ihre eigene Fehlleistung geben. Die Zoologen suchten nach einem Flicken, mit dem sie ihr Problem kaschieren konnten. Sie schufen eine neue Ordnung, die Monotremata, zu der das Schnabeltier und der Ameisenigel gehören. Und das war's. Wie eine Nation, die nur aus zwei Leuten besteht." [1]

 Das Schnabeltier EU

Wie das Schnabeltier die etablierte Ordnung der Zoologie aufgebrochen hat, so lässt sich auch die EU in keine der traditionellen Kategorien der Politikwissenschaft einordnen. Sie ist weder ein politisches System, wie wir es von Nationalstaaten kennen, noch eine Internationale Organisation. Sie umfasst Teile von beidem. Auch sie wurde mit einem lateinischen (Verlegenheits-)Begriff belegt und als System sui generis bezeichnet. [2]

Probleme der Vermittlung von Globalisierung:

» Einleitung

» Nationalstaats-Fixierung
» Distanz
» Dynamik
» Legenden
» Komplexität
» fehlende Referenzebene


Probleme der EU-Vermittlung:

» Einleitung

» Nationalstaats-Fixierung
» Distanz
» Dynamik
» Legenden
» Komplexität
» fehlende Referenzebene
 


Die Analogie, wie sie das Schaubild darstellt, ließe sich vertiefen - im Mittelpunkt soll aber die Frage stehen, inwiefern die Probleme mit der Einordnung der EU in etablierte Kategorien die Schwierigkeiten der EU-Vermittlung verschärfen. Das soll beispielhaft am Themenkomplex Demokratie- und Legitimationsdefizit veranschaulicht werden. Hierzu ist ein längerer Exkurs notwendig, der sich auf einer gesonderten Seite befindet:

» Grundprobleme der EU-Vermittlung: Demokratie- und Legitimationsdefizit als Beispiel

Um die ganz praktischen Auswirkungen des Problems einer fehlenden Referenzebene zu verdeutlichen, sei der EU-Hörfunk-Korrespondent Christopher Plass zitiert, der im Rahmen eines ausführlichen Interviews zu den EU-Vermittlungsproblemen hervorhob: "Vermittlungsprobleme in der EU heißt vor allem: Es gibt so viele Mitspieler im europäischen Getriebe - Rat, Kommission und Parlament -, die unterschiedliche Abhängigkeiten voneinander haben, die unterschiedliche Kompetenzen haben; und da wir in Deutschland (...) an dieses übliche Spiel von Regierung und Opposition und die tragenden Parteien und Fraktionen gewöhnt sind (...), ist dieser Mechanismus sehr schwierig." [3]

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Anmerkungen:
 

[1]

Robert M. Pirsig, Lila oder ein Versuch über Moral, Frankfurt am Main 1992, S. 118.
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[2]

Eine Fülle weiterer Bezeichnungen wie „unvollendeter Bundesstaat“, „Zweckverband“, „Konkordanzsystem“, „Staatenverbund“, „Partialstaat“ usw. findet sich in Wolfgang Wessels, Integrationspolitische Entwicklungen und die politische Qualität der EU — Anregungen für die politische Bildung; in: Mathias Jopp u.a. (Hg.), Europapolitische Grundverständnisse im Wandel. Analysen und Konsequenzen für die politische Bildung, Bonn 1998, S. 557/558.
Jachtenfuchs und Kohler-Koch führen hierzu aus: Die "Qualifizierung als 'sui generis' ist lediglich eine Benennung, die das Eigentümliche dieser Ordnung in Abgrenzung von staatlicher und internationaler Organisation hervorhebt, nicht jedoch das Phänomen selbst zu erfassen vermag" (Markus Jachtenfuchs/Beate Kohler-Koch, Regieren im dynamischen Mehrebenensystem; in: dies. (Hg.), Europäische Integration, Opladen 1996, S. 18).
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[3]

Zitiert nach: KERSTIN PÄTZOLD, "Die Nachricht Europa" - Vermittlungsprobleme der EU in den Medien, Magisterarbeit Universität Trier 2005, S. 53. Im Rahmen dieser Magisterarbeit wurden sechs Interviews mit EU-Korrespondenten durchgeführt, dokumentiert und ausgewertet:

  • Christopher Plass (HR, SR, RBB)

  • Kai Rienäcker (SWR - Hörfunk)

  • Klaus Prömpers (ZDF - Fernsehen)

  • Gerhard Irmler (Deutschlandradio) und Klaus Scheffer (WDR - Hörfunk)

  • Joachim Görgen (ARD - Fernsehen)

  • Hajo Friedrich (FAZ)

Diese außerordentlich aufschlussreichen Interviews untermauern die in dieser Arbeit unterschiedenen Vermittlungsprobleme und weisen darüber hinaus auf weitere, speziell für Journalisten dringliche Probleme hin. Dazu zählen z.B. praktische Probleme wie mangelnde Sendezeiten und v.a. das Problem der Sprachenvielfalt (vgl. z.B. S. 59), einschließlich des Problems von "Eurospeak" (Hajo Friedrich, S. 67).
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