Dissertation   Wie kann man komplexe Themen wie Globalisierung oder europäische Integration vermitteln?

 

 

(» Ragnar Müller)

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 Vermittlungsprobleme

Wovon genau ist die Rede, wenn von den Problemen bei der Vermittlung der komplexen Themen Globalisierung oder EU gesprochen wird? Die systematische Beantwortung dieser Frage bildet die Basis, um Lösungsansätze diskutieren zu können. Der vorliegende Abschnitt versucht, eine solche Antwort zu geben.

Natürlich kann es nicht das Ziel sein, die wissenschaftliche Debatte zu beiden Themen auch nur annähernd vollständig aufzuarbeiten. Das ist weder möglich noch erforderlich. Ziel ist vielmehr ein strukturierter Problemaufriss entlang der sechs Kategorien, die im rechten Navigationskasten zu sehen sind. Dabei wird bei beiden Themen analog verfahren, um Vergleichbarkeit zu gewährleisten.

An mehreren Stellen des umfangreichen Abschnitts wird deutlich, dass die sechs unterschiedenen Kategorien eng zusammenhängen und sich wechselseitig verstärken können. So erhöht etwa die Dynamik des EU-Systems dessen Komplexität, die Distanz zur EU erleichtert eine Legendenbildung und die Fixierung auf den Nationalstaat bildet eine der Ursachen dafür, dass keine Kategorien zur Einordnung entgrenzter Phänomene zur Verfügung stehen, mithin die Referenzebene fehlt, um nur einige wenige Wechselwirkungen zu nennen.

Beim Herausarbeiten der Vermittlungsprobleme werden zugleich die für die politische Bildung wesentlichen Aspekte beider komplexer Themen deutlich. Weiterführende Literaturhinweise in den Fußnoten ermöglichen auch eine inhaltliche Nutzung des Abschnitts über seine Funktion als Problemaufriss im Rahmen der vorliegenden Arbeit hinaus.

Probleme der Vermittlung von Globalisierung:

» Einleitung

» Nationalstaats-Fixierung
» Distanz
» Dynamik
» Legenden
» Komplexität
» fehlende Referenzebene


Probleme der EU-Vermittlung:

» Einleitung

» Nationalstaats-Fixierung
» Distanz
» Dynamik
» Legenden
» Komplexität
» fehlende Referenzebene
 

Das Schaubild fasst die wesentlichen Erkenntnisse des Abschnitts zusammen. Ein Klick auf die jeweiligen Kästen führt zum entsprechenden Abschnitt mit ausführlicherem Text und weiterführenden Hinweisen in den Fußnoten. Außerdem steht rechts oben auf allen Seiten dieses Abschnitts ein Navigationskasten zur Verfügung.




 Zusammenfassung der Ergebnisse

Probleme der Vermittlung von Globalisierung

Probleme der EU-Vermittlung


Als
das grundlegende Problem beim Umgang mit Globalisierung kann die begriffliche Unschärfe gelten. Der Begriff entzieht sich jedem eindeutigen Definitionsversuch und wird nicht nur inhaltlich, sondern sogar hinsichtlich der Diskursebene unterschiedlich, teilweise sogar widersprüchlich verwendet bzw. instrumentalisiert (» Einleitung).

Die daraus resultierende Unzugänglichkeit der Thematik wird von der realen, vor allem aber der kognitiven Distanz verschärft. Häufig geht es im Zusammenhang mit Globalisierung um abstrakte Entwicklungen, für die keine verantwortlichen Akteure identifiziert werden können. Das erschwert die erfolgreiche Umsetzung zentraler
didaktischer Prinzipien wie Schüler-, Interessen- oder Handlungsorientierung. Ohne intensive Arbeit an Begriff und Rhetorik der Globalisierung wird man gar nicht zum politischen Kern der Thematik vorstoßen (» Distanz).

Aus der enormen Dynamik der Globalisierungsdebatte resultieren weitere Probleme.
Wer vermag dieser ausufernden Debatte in Öffentlichkeit und Wissenschaft noch zu folgen, zumal sich diese im Rahmen verschiedener Disziplinen abspielt und schnell wechselnden Konjunkturen unterworfen ist (» Dynamik).

Globalisierung bedeutet Entgrenzung, und noch fehlen den Bezugswissenschaften der politischen Bildung angemessene Kategorien, um die neuen Realitäten begrifflich einfangen zu können. Dieses Problem der Nationalstaats-Fixierung kann analog für das andere Beispielthema - die EU als fortgeschrittensten Fall von Entgrenzung - identifiziert werden (siehe rechte Spalte) (» Nationalstaats-Fixierung).

Die Instrumentalisierung von Globalisierung, die schon sprichwörtlichen "Sachzwänge des Weltmarkts" erschweren die Vermittlung der Thematik weiter. Diese Aspekte werden hier unter der Überschrift Legenden angeführt und sich natürlich eng verbunden mit dem Grundproblem der begrifflichen Unschärfe und der Dynamik der Debatte. Das Vorwissen zum medial allgegenwärtigen Thema Globalisierung ist - begünstigt durch die anderen angeführten Probleme - durchsetzt von Legenden und Vorurteilen (» Legenden).

Woraus resultiert die Komplexität der Thematik als ein zentrales Vermittlungsproblem? Die entsprechende Seite kann sich diesem Aspekt nur andeutungsweise nähern. Aufgezeigt werden verschiedene Ursachen (Multikausalität), Dimensionen (Multidimensionalität) und Folgeprobleme, die in der Globalisierungsliteratur häufig genannt werden. Einige wenige beispielhafte Verknüpfungen deuten die enorme Bandbreite an Ursache-Wirkungs-Ketten an, wobei auch paradoxe Verknüpfungen zu verzeichnen sind (» Komplexität).

D
as zentrale Problem, das sich jedem stellt, der sich mit Globalisierung beschäftigt oder Globalisierung gar als politische Bildnerin vermitteln soll, besteht darin, dass die Referenzebene fehlt, um Phänomene vergleichen oder einordnen zu können. Geht es um "Globalisierung" auf der inhaltlichen oder der rhetorischen Ebene? Beschränkt man sich auf die konzeptionell-inhaltliche Ebene, bieten sich Vergleiche mit anderen sozialwissenschaftlichen Konzepten wie Modernisierung oder Industrialisierung an. Allerdings läuft man dann Gefahr, den politischen Kern des Themas zu verfehlen, nämlich die Debatte darüber, was Globalisierung ist, verstanden als Debatte darüber, wie wir die Zukunft gestalten wollen. Beschränkt man sich auf die rhetorische Ebene, bleibt das Thema inhaltsleer ... (» fehlende Referenzebene).
 


Ein erstes Vermittlungsproblem stellt die geographische und mentale Distanz zur EU dar, die durch nach wie vor mangelnde Medienberichterstattung verschärft wird.
Wichtige didaktische Prinzipien wie Schüler- bzw. Teilnehmerorientierung, Interessen- oder Handlungsorientierung sind angesichts der Distanz zum "fernen Brüssel" schwer umzusetzen, hilfreiche Kategorien wie Betroffenheit (die ja tatsächlich besteht) können nicht vorausgesetzt, sondern müssen erst mühsam vermittelt werden (» Distanz).

Die Dynamik, die ständige Veränderung des EU-Systems bildet ein zweites, außerordentlich wichtiges Problem, aus dem zahlreiche
praktische, kognitive und didaktische Probleme resultieren: Schul- oder Lehrbücher sind oft schon überholt, wenn sie auf den Markt kommen. Lehrerinnen und Multiplikatoren müssten sich permanent weiterbilden, um mit der Entwicklung Schritt halten zu können (» Dynamik).

Mit der Nationalstaats-Fixierung von Sozialwissenschaften und politischer Bildung ist ein drittes Problem benannt. Es fehlen Begriffe und Kategorien, um die neuen, entgrenzten Realitäten beschreiben und analysieren zu können. Der politische Bildner steht vor der unbefriedigenden Wahl: Entweder er entscheidet sich für einen Autor, verwendet dessen Begriffe, übernimmt damit zwangsläufig auch dessen Perspektive, oder er versucht gemäß den Prinzipien der Wissenschaftsorientierung und Kontroversität die gegenwärtig chaotische Situation in der primären Bezugswissenschaft im Unterricht oder Seminar zu berücksichtigen, was einen Lernerfolg äußerst unwahrscheinlich werden lässt (» Nationalstaats-Fixierung).

Legenden und Vorurteile bilden eine weitere, vierte Kategorie an Vermittlungsproblemen. Die EU wird als Sündenbock instrumentalisiert und hat ein schlechtes Image. Zusammen mit der Tatsache, dass wenig Vorwissen zum Gegenstand EU vorausgesetzt werden muss, macht das die Aufgabe der politischen Bildnerinnen nicht eben einfacher (» Legenden).

Sicherlich zu den zentralen Problemen zählt die Komplexität des EU-Mehrebenensystems mit seiner ausgeprägten funktionalen Differenzierung.
Dem Verständnis eines derart komplexen Systems sind kognitive und praktische Grenzen gesetzt. Außerdem stellen die Besonderheiten des EU-Systems die politische Bildung vor das grundsätzliche Problem des Umgangs mit verflochtenen Mehrebenensystemen, was Folgen weit über den Umgang mit der EU im Unterricht hat (z.B. das Erfordernis der Einbeziehung der europäischen und globalen Ebene bei der Behandlung des eigenen politischen Systems) (» Komplexität).

Als zentrales Vermittlungsproblem kann gelten, dass bei der Beschäftigung mit dem EU-System, einem Gebilde sui generis, die Referenzebene fehlt. Schon für die Analyse des Problems - ganz zu schweigen von der Lösung - fehlt eine tragfähige Referenzebene. Mit wem oder was soll erkenntnissteigernd verglichen werden? Die traditionelle Dichotomie Bundesstaat-Staatenbund hält den Blick in Kategorien gefangen, die dem "Westfälischen Staatensystem" entstammen und die Realität nicht mehr sinnvoll abzubilden in der Lage sind. Dasselbe gilt für die Kategorien "politisches System eines Nationalstaats" versus "Internationale Organisation". Die EU umfasst sowohl Elemente beider Kategorien als auch Elemente, die sich weder in die eine noch in die andere Kategorie einordnen lassen (» fehlende Referenzebene).
 

 Funktion dieses Abschnitts im Gesamtkontext der Arbeit

Wie oben angesprochen, dient dieser Abschnitt dazu, das Problem darzustellen, dem sich die Arbeit annimmt: Er arbeitet die wichtigsten Vermittlungsprobleme auf, die sich hinsichtlich der beiden beherrschenden Themen der wissenschaftlichen wie öffentlichen Debatte der letzten Jahre stellen - Globalisierung und europäische Integration. Für die Navigation innerhalb dieses Abschnitts steht oben rechts auf dieser Seite ein Navigationskasten zur Verfügung. Auf der Basis der Erkenntnisse dieses Abschnitts geht es in weiteren Abschnitten der Arbeit um

  • den Forschungsstand: Welche Lösungsansätze wurden in der Politikdidaktik entwickelt?;

  • Policy-Didaktik: In diesem Abschnitt stelle ich einen eigenen Lösungsansatz zur Diskussion.

Feedback: Für diesen wie für alle anderen Teile der Arbeit gilt, dass ich mich über Kritik und Anregungen freue und im Sinne einer Diskussion und Weiterentwicklung der hier präsentierten Thesen darauf angewiesen bin. Dafür steht ein Formular zur Verfügung: » zum Kontaktformular

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