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Beispiel für
die Umsetzung der Policy-Didaktik
Policy-didaktische
Unterrichtseinheit zur Umweltpolitik
Während der neue Ansatz der Policy-Didaktik auf den Seiten zu
den Zielen des Ansatzes und zu dessen
Einordnung in die aktuelle
politikdidaktische Debatte theoretisch vorgestellt
und verortet wurde, geht es in diesem Abschnitt um eine Skizze
der praktischen Umsetzung. Wie könnte die Policy-Didaktik
in der Praxis aussehen? Das soll am Beispiel des Politikfelds
Umweltpolitik dargestellt werden.
Der erste Schritt besteht darin, aus der Fülle an Möglichkeiten,
Umweltpolitik zum Thema zu machen, eine Auswahl zu treffen.
Dabei bieten die
didaktischen Prinzipien eine wertvolle Hilfestellung.
Exemplarisch für das Politikfeld Umweltpolitik soll hier das
globale Problem des Klimawandels im Mittelpunkt stehen.
[1] |
|
Das ist ein Bereich mit kaum zu überschätzender Bedeutung für die
Zukunft, hilfreiche Kategorien wie Betroffenheit oder Bedeutsamkeit
(Überleben der Menschheit) sind erfüllt [2], dem mit der Policy-Didaktik
zusätzlich eingeführten didaktischen Prinzip der
Mehrebenensensibilität kann Rechnung getragen werden, um nur einige
wenige Rechtfertigungsaspekte zu benennen.
Lernziele und didaktische Perspektive
Übergreifendes Lernziel ist das generelle Anliegen der
Policy-Didaktik (»
Ziele des Ansatzes), Politik auf mehreren
Ebenen und deren Verflechtung zu erkennen, also das Verstehen von
Politik in entgrenzten Räumen. Mögliche themenspezifische Lernziele auf
den verschiedenen Ebenen zeigt das Schaubild:

Eine mögliche didaktische Perspektive für die gesamte Einheit
zum Klimawandel wäre die Frage nach dem Missverhältnis zwischen
hohem Problemdruck und unzureichenden Lösungsversuchen. Es ginge
dann darum, die
politischen
Pathologien bei der Problembearbeitung herauszuarbeiten (warum wird nichts
dagegen getan, obwohl jeder weiß, dass es so nicht weitergeht?). Generelle
Strukturen und Probleme der (internationalen) Politik rückten in den
Mittelpunkt
(Gefahren kurzfristiger Planungshorizonte, nicht-systemische
Herangehensweise, Gefangenendilemma, Trittbrettfahrer, tragedy of
the commons etc.), zentrale Konfliktlinien wie der
Nord-Süd-Konflikt und das Spannungsverhältnis von Ökonomie und
Ökologie würden deutlich.
Entscheidet man sich für diese didaktische Perspektive, könnte das
Thema für die Unterrichtseinheit so formuliert werden:
Warum wird der Klimawandel nicht gestoppt? Natürlich sind auch
andere Schwerpunktsetzungen denkbar und sinnvoll, etwa die Betonung
individueller Handlungsmöglichkeiten in einer Einheit mit dem Titel
"Wie kann man das Klima schützen?" [3]
Eine
solche Einheit würde neben der individuellen Verantwortung gerade
auch die Interdisziplinarität der Thematik betonen, während die
erste Einheit versucht, zum politischen Kern auf den verschiedenen
Politikebenen vorzudringen. Beide Einheiten liessen sich problemlos
im Rahmen der policy-didaktischen Einbettung konzipieren und
durchführen.
Skizze des Aufbaus der Unterrichtseinheit

Das Schaubild zeigt einen
möglichen Aufbau der Sequenz zum Klimawandel. Natürlich sind
zahlreiche Modifikationen denkbar, etwa der Einstieg über ein
aktuelles Thema (Elbe-Jahrhundertflut 2002 und 2006, Hurricane Katharina
etc.) oder über eine der zahlreich vorhandenen guten Karikaturen zum Thema.
Auch die Reihenfolge der Ebenen kann geändert werden, wichtig ist
die Leitfrage als Klammer (Wie lässt sich das
Missverhältnis erklären?) und das Herausarbeiten
ebenenübergreifender Bezüge.
Da der Klimawandel das globale Problem par excellence
darstellt, beginnt die hier skizzierte Einheit mit der globalen
Ebene. Häufiger findet man die Variante des Einstiegs über die
unmittelbare Erfahrungswelt der Lernenden (Schüler- und
Interessenorientierung,
siehe
didaktische Prinzipien), also etwa auf der individuellen Ebene
mit dem CO2-Fußabdruck. Das wäre auch hier möglich, zu bedenken ist
allerdings, dass auch prominente globale Probleme zur (medialen)
Erfahrungswelt der Lernenden zählen.
Bei einem anderen Politikfeld, etwa der Bildungspolitik, würde man
sicherlich bei der lokalen, regionalen oder
nationalen Ebene beginnen. Bei dem hier skizzierten Beispiel
macht es aber durchaus Sinn, mit der
internationalen Klimapolitik anzufangen. Es würde also um die
Rio-Konferenz 1992 gehen, um die Folgekonferenzen, das Kyoto-Protokoll, die Agenda 21 usw. Man hat es hier mit
Politikprozessen zu tun, die typisch sind für internationale Politik
(Aushandeln, keine Hierarchie, Machtstrukturen, Konfliktlinie
Nord-Süd, Kompromisse auf kleinstem gemeinsamen Nenner etc.),
und lernt das System der Vereinten Nationen kennen.
Die prominente Rolle, die NGO vor, während und nach der Rio-Konferenz
gespielt haben, rückt ein zentrales Element von Politik im 21.
Jahrhundert in den Mittelpunkt, nämlich die Relativierung des
Nationalstaates als einzigem Akteur der (internationalen)
Politik. Über die Agenda 21 ist die globale Ebene direkt mit der
lokalen verbunden. Diese ebenenübergreifenden Phänomene gilt es zu
betonen. Was die europäische Ebene betrifft, so bietet das
Politikfeld Umweltpolitik die Gelegenheit, ein grundlegendes Element
der EU-Entwicklung herauszuarbeiten, nämlich die Erschließung neuer
Politikfelder durch die EU(-Kommission) über Interdependenzen mit
dem Binnenmarkt, nachdem die Gemeinschaft ursprünglich für
Umweltpolitik überhaupt keine Zuständigkeiten besaß.
Entsprechend der didaktischen Perspektive können auf allen
Ebenen Antworten auf die Frage nach dem Missverhältnis von hohem
Problemdruck und unzureichenden Lösungsansätzen identifiziert werden.
En passant kommen wichtige Entscheidungssysteme auf den
verschiedenen Ebenen in den Blick. Beschäftigt man sich auf diese
Weise mit verschiedenen Politikfeldern, entsteht nach und nach ein
fundiertes Verständnis von Politik im 21. Jahrhundert, dem zentralen
Ziel der Policy-Didaktik.
[Seitenanfang]
Anmerkungen
[1] |
Das verweist auf den Aspekt der
Kontinuität von Policy-Didaktik und (traditioneller)
Politikdidaktik, wie er in dem
Abschnitt zur Einordnung
des Ansatzes in die politikdidaktische Diskussion zur
Sprache kommt. Die folgende Tabelle konkretisiert die hilfreiche
Rolle einiger didaktischer Prinzipien bei der Themenauswahl:

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Mehr als andere umweltpolitische Themen ist das Thema
Klimawandel seit einigen Jahren präsent. Das gilt für
die Medien, es gilt aber auch für die
Alltagskommunikation. Das Thema knüpft also an Erfahrungen und Interessen der
Adressaten an, und zwar in stärkerem Maße als Themen wie
Desertifikation, Verlust der Artenvielfalt etc.
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Unzweifelhaft handelt es sich beim Klimawandel um eines
der zentralen Probleme der Menschheit, die einer Lösung
harren. Das Prinzip, dass politische Bildung von realen Problemen ausgehen
soll, wird also befolgt. Das weitere Erfordernis im
Kontext dieses Prinzips, nämlich dass vorrangig Wissen und Kompetenzen vermittelt
werden sollen, die zur
Problembearbeitung erforderlich sind, spielt bei der Planung und
Durchführung der Unterrichtseinheit eine große Rolle,
weniger bei der Themenauswahl.
|

|
Da politische Themen nie erschöpfend behandelt werden
können, bildet Exemplarität ein zentrales didaktisches
Prinzip. Eine sinnvolle Stoff- und Komplexitätsreduktion
vorzunehmen, kann wohl als die eigentliche Kunst der
Politikvermittlung (und auch der Wissensvermittlung
überhaupt) bezeichnet werden. Kriterien für eine
gelungene Auswahl sind, dass sie schüler- und problembezogen
ist (was erfüllt ist, siehe oben), dass der ausgewählte
Aspekt
exemplarisch für das Thema ist, das heißt im Fall der politischen
Bildung insbesondere, dass der "politische
Kern" des Themas in den Mittelpunkt rückt. Das ist beim Thema
Klimawandel der Fall. Zentrale Konfliktlinien wie
Nord-Süd-Konflikt oder das Spannungsverhältnis von
Ökonomie und Ökologie lassen sich problemlos erkennen
und herausarbeiten.
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Dieses Prinzip besagt, dass politische Bildung von aktuellen Problemen
ausgehen soll. Das ist beim Klimawandel ohne Zweifel der
Fall. Zeitung und Fernsehnachrichten sind voll von
Themen, die als aktuelle Aufhänger oder Einstiege
Verwendung finden können (Elbeflut, hurricane
etc.). Dadurch kann das Thema Klimawandel, das auch die
ähnlich gelagerten Auswahlkriterien Betroffenheit und
Bedeutsamkeit erfüllt, eine Steigerung der
Motivation seitens der Adressaten erreichen. |
[zurück zum Text]
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[2] |
Joachim Detjen,
Internationale Beziehungen - Ein vernachlässigtes Feld der
politischen Bildung; in: Siegfried
Frech/Wolfgang Hesse/Thomas Schinkel (Hg.), Internationale Beziehungen in der politischen Bildung, Schwalbach/Ts
2000, S. 191.
[zurück zum Text]
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[3] |
Diese zweite Perspektive liegt dem
vom Autor entwickelten Online-Lehrbuch zum Thema Nachhaltigkeit
zugrunde, das anlässlich des Beginns der UN-Dekade "Bildung für
nachhaltige Entwicklung" 2005 auf dem Internationalen UNESCO
Bildungsserver D@dalos veröffentlicht wurde. Die URL der
deutschen Sprachversion lautet
http://www.dadalos-d.org/nachhaltigkeit.
Wohl zu keinem anderen Thema stehen derart viele, häufig
kostenlose Materialien zur Verfügung wie zum Thema Umweltschutz
bzw. Nachhaltigkeit. Eine kleine Auswahl zu der auf
dieser Seite skizzierten Unterrichtseinheit zum Klimawandel
bietet die folgende Liste.
Die Bundeszentrale für politische Bildung stellt
regelmäßig Publikationen zum Thema zur Verfügung. Besonders
gelungene Werke sind:
-
Wuppertal Institut für
Klima, Umwelt, Energie (Hg.), Fair Future. Begrenzte
Ressourcen und globale Gerechtigkeit, Bundeszentrale für
politische Bildung Schriftenreihe Band 533, Bonn 2005.
-
Dietrich Jörn Weder,
Umwelt. Bedrohung und Bewahrung, Bundeszentrale für politische
Bildung Zeitbilder, Bonn 2003.
-
Marc Fritzler,
Ökologie und Umweltpolitik, Bundeszentrale für politische
Bildung, Bonn 1997.
-
Peter J. Opitz
(Hg.), Weltprobleme, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn
19954.
An didaktisch aufbereiteten
Materialien bietet die Bundeszentrale u.a.:
-
Umweltpolitik, Informationen zur
politischen Bildung 287, Bonn 2005,
Online-Version.
-
Umweltfragen, Thema im Unterricht,
Bonn 1997.
In der wöchentlich erscheinenden
Zeitschrift "Aus Politik und Zeitgeschichte" (Beilage zu
"Das Parlament") finden sich häufig Beiträge zu
umweltpolitischen Themen, die auch im Volltext online zur
Verfügung stehen, u.a. die folgenden:
-
Günther Bachmann,
Nachhaltigkeit: Politik mit gesellschaftlicher Perspektive; in:
Aus Politik und Zeitgeschichte 31-32/2002, S. 8-16,
Online-Version.
-
Ottmar Edenhofer,
Wege zu einer nachhaltigen Klima- und Energiepolitik; in: Aus
Politik und Zeitgeschichte 27/2003, S. 18-26,
Online-Version.
-
Ulrich Grober,
Die Idee der Nachhaltigkeit als zivilisatorischer Entwurf; in:
Aus Politik und Zeitgeschichte 24/2001, S. 3-5,
Online-Version.
-
Ulrich Grober,
Konstruktives braucht Zeit. Über die langsame Entdeckung der
Nachhaltigkeit; in: Aus Politik und Zeitgeschichte 31-32/2002,
S. 3-7,
Online-Version.
-
Ulrich Grober,
Das gute Leben neu denken. Kulturelle Ressourcen für ein solares
Zeitalter; in: Aus Politik und Zeitgeschichte 37/2004, S. 25-30,
Online-Version.
-
Klaus Hermanns,
Die Lokale Agenda 21. Herausforderung für die Kommunalpolitik;
in: Aus Politik und Zeitgeschichte 10-11/2000, S. 3-12,
Online-Version.
-
Hans-Jochen Luhmann/Manfred
Fischedick, Renewables, adaptationspolitisch betrachtet;
in: Aus Politik und Zeitgeschichte 37/2004, S. 18-24,
Online-Version.
-
Eick von Ruschkowski,
Lokale Agenda 21 in Deutschland - eine Bilanz; in: Aus Politik
und Zeitgeschichte 31-32/2002, S. 17-24,
Online-Version.
-
Joachim H. Spangenberg/Sylvia
Lorek, Sozio-ökonomische Aspekte
nachhaltigkeitsorientierten Konsumwandels; in: Aus Politik und
Zeitgeschichte 24/2001, S. 23-29,
Online-Version.
-
Dennis Tänzler/Alexander
Carius, Perspektiven einer transatlantischen Klimapolitik;
in: Aus Politik und Zeitgeschichte 27/2003, S. 12-17,
Online-Version.
Das Bundesministerium für
Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit stellt zahlreiche
Publikationen und Dokumente kostenlos zur Verfügung. die auf der
Website des Ministeriums (www.bmu.de)
angefordert werden können, z.B.:
-
Bericht des Weltgipfels für
nachhaltige Entwicklung (Johannesburg 2002)
-
Agenda 21 (Konferenz der Vereinten
Nationen für Umwelt und Entwicklung, Rio de Janeiro 1992)
-
Klimakonvention, Konvention über
die biologische Vielfalt, Rio-Deklaration, Walderklärung (Rio
1992)
-
Klimawandel und Konflikte (2002)
-
Durchblick: Was hat unser Alltag
mit der Umwelt zu tun? (Didaktische Materialien für Kinder und
Jugendliche)
-
Auf dem Sprung. Chancen für
Erneuerbare Energien (CD-ROM)
-
Stichwort Nachhaltigkeit. Der
Zukunft eine Chance (Broschüre)
-
Nachhaltige Mobilität. Leitlinien
des Bundesumweltministeriums (Broschüre)
-
300 Mal Umwelt im Internet. Eine
Orientierungshilfe (Broschüre)
-
Klimaschutz - global und lokal.
Herausforderung für das 21. Jahrhundert (Broschüre)
Ebenfalls kostenlos angefordert
werden können die Berichte zur Nachhaltigkeitsstrategie der
Bundesregierung:
Die Landeszentrale für
politische Bildung Baden-Württemberg hat ebenfalls einige
interessante Publikationen zum Thema vorzuweisen:
-
Nachhaltige Entwicklung; Der
Bürger im Staat 2/1998.
-
Staunen, was die Zukunft bringt.
Beiträge der Technik zu einer nachhaltigen Entwicklung; Politik
& Unterricht 3/2003.
-
Agenda 21. Aspekte einer
nachhaltigen Entwicklung; Politik & Unterricht 4/1999.
-
Internationale Klimapolitik;
Politik & Unterricht 1/1995.
Mehrere Ausgaben der
Wochenschau beschäftigen sich mit Umweltthemen, von
besonderer Relevanz für die hier skizzierte Unterrichtseinheit
ist das Heft "Klimaschutz" (Sek. I + II) aus dem Jahr 2003.
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