In der Regel wird man feststellen, dass es sich um eine gemischte
Verwendung handelt. Will man dann mit dem Globalisierungsbegriff in
einem anderen Text vergleichen, kann es durchaus sein, dass schon der
gemeinsame Referenzrahmen fehlt, der unabdingbar ist, um
erkenntnisfördernde Vergleiche anstellen zu können. Die fehlende
Referenzebene bildet also ein Teilproblem dessen, was im Rahmen dieser
Arbeit als das Grundproblem bei der Vermittlung von
Globalisierung bezeichnet wird, nämlich die begriffliche Unklarheit.
Globalisierung ist ... |
"... ein Prozess der Überwindung von
historisch entstandenen Grenzen. Sie ist daher gleichbedeutend mit
der Erosion (also nicht mit dem Verschwinden) nationalstaatlicher
Souveränität und stellt sich als 'Entbettung' der Marktökonomie
aus den moralischen Regeln und institutionalisierten Bindungen von
Gesellschaften dar ..." [Elmar Altvater] |
"... Intensivierung weltweiter
sozialer Beziehungen, durch die entfernte Orte in solcher Weise
miteinander verbunden werden, dass Ereignisse am einen Ort durch
Vorgänge geprägt werden, die sich an einem viele Kilometer
entfernten Ort abspielen, und umgekehrt ..."
[Anthony Giddens] |
"... ist zu einem Schlagwort
geworden, das in politischen, publizistischen und
wissenschaftlichen Debatten seit einiger Zeit inflationär
gebraucht und dabei einerseits als 'Bedrohung', andererseits als
'Chance' betrachtet wird ...
Prozess steigender Ver-bindungen zwischen Gesellschaften und
Problembereichen ..."
[Johannes Varwick |
"... a social process in which the
constraints of geography on social and cultural arrangements
recede and in which people become increasingly aware that they are
receding ... Globalization does not necessarily imply
homogenization ... Globalization merely implies greater
connectedness and de-territorialization ..."
[Malcolm Waters] |
"... quantitative und qualitative
Intensivierung grenzüberschreitender Transaktionen bei deren
gleichzeitiger räumlicher Ausdehnung ..."
[Ulrich Menzel |
"... größte wirtschaftliche und
gesellschaftliche Umwälzung seit der industriellen Revolution ..."
[Dirk Messner/Franz Nuscheler] |
"... die zunehmende wechselseitige
Abhängigkeit und Integration der verschiedenen Ökonomien rund um
den Globus ..." [Meghnad Desai] |
"... durch die Globalisierung
intensiviert sich der Wettbewerb auf den Märkten ..."
[C. Christian v. Weizsäcker] |
"...
Entfesselung der Kräfte des Weltmarktes und
ökonomische Entmachtung des Staates ..." [Hans-Peter Martin/Harald
Schumann] |
"... all jene Prozesse, durch die
die Völker der Welt in eine einzige Weltgesellschaft, die globale
Gesellschaft, eingegliedert werden ..."
[Martin Albrow] |
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...
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Die Liste an
Globalisierungsbegriffen ließe sich beliebig erweitern. Festzuhalten
bleibt, "wo von Globalisierung die Rede ist, geht es nicht unbedingt
nur um 'reale' Veränderungen, sondern auch um eine neue Sicht unserer
Lebensumstände und deren Interpretation." [2]
Vor allem deshalb gibt es keine und kann es keine eindeutige
Begriffsbestimmung geben.
Folgeprobleme für die Vermittlung von Globalisierung
Beschränkt man sich bei der Behandlung des Themas Globalisierung auf
die inhaltliche Ebene, bieten sich Vergleiche mit anderen
soziologischen Prozessbegriffen wie Modernisierung oder
Industrialisierung an. Allerdings läuft man dann Gefahr, den
politischen Kern des Themas zu verfehlen, nämlich die Debatte darüber,
was Globalisierung ist, verstanden als Debatte darüber, wie wir die
Zukunft gestalten wollen.
Beschränkt man sich auf die rhetorische Ebene, bleibt das Thema
inhaltsleer. Um Zukunftsentwürfe, die im Zusammenhang mit
"Globalisierung" präsentiert werden, verstehen und beurteilen zu
können, braucht man fundiertes Wissen über die inhaltliche Dimension -
die Transformationsprozesse, ihre Ursachen, Dimensionen und Folgen.
Hinzu kommt die generelle Schwierigkeit des nationalen bias der
politischen Bildung: "Der Referenzrahmen, innerhalb dessen die Ziele
und Inhalte der Bildung abgesteckt werden, ist nach wie vor an die
Grundlage einer nationalen Kultur gebunden und einem nationalen
Gesellschaftsverständnis verhaftet, das die Grenzen der Gesellschaft
mit den Grenzen des Territorialstaates identifiziert."
[3] Dieses Problem wird unter dem Stichwort
"Nationalstaats-Fixierung" an anderer Stelle vertieft (»
zum
entsprechenden Abschnitt).
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Anmerkungen:
[1] |
JÖRG DÜRRSCHMIDT, Globalisierung,
Bielefeld 2002, S. 12.
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[2] |
Lothar
Brock, Globaler Wandel und Staatenpolitik - Plädoyer für
Multilateralismus. Von der Staatenkooperation zur
Verbraucherallianz?; Hessische Stiftung Friedens- und
Konfliktforschung Frankfurt, HSKF-StandPunkte 7/1997, S. 1.
[zurück zum Text]
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[3] |
KLAUS SEITZ, Lernen für ein globales
Zeitalter. Zur Neuorientierung der politischen Bildung in der
postnationalen Konstellation; in: Christoph Butterwegge/Gudrun
Hentges, (Hg.), Politische Bildung und Globalisierung, Opladen
2002, S. 47.
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