Dissertation   Wie kann man komplexe Themen wie Globalisierung oder europäische Integration vermitteln?

 

 

(» Ragnar Müller)

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 Grundprobleme der Vermittlung von Globalisierung (VI):  

 Fehlende Referenzebene

"Wie bei kaum einem anderen soziologischen Konzept schieben sich in der Rede über 'Globalisierung' Theorie und Realität ineinander. 'Globalisierung' beschreibt zunächst eine Vielfalt realgeschichtlicher Transformationen in Richtung auf globale Vernetzungen und Abhängigkeiten. Sehr schnell passiert es dann, dass dieser Sammelbegriff in einer Weise benutzt wird, die dann 'Globalisierung' als die 'Logik', die 'Kraft' oder den eigentlichen 'Prozess' hinter all den komplexen und widersprüchlichen Transformationsprozessen erscheinen lässt. Mit anderen Worten, das deskriptive Konzept 'Globalisierung' transformiert unter der Hand in eine kausale Kraft mit normativer Geltung. Als Konsequenz werden realgeschichtliche Transformationsprozesse simplifiziert und der Begriff der 'Globalisierung' verliert seine empirische Fundierung." [1]

So beschreibt Dürrschmidt das zentrale Problem, das sich jedem stellt, der sich mit Globalisierung beschäftigt oder Globalisierung gar als politische Bildnerin vermitteln soll. Es fehlt die Referenzebene, um Phänomene vergleichen oder einordnen zu können. Zunächst muss geklärt werden, ob im jeweiligen Einzelfall eine Verwendung von 'Globalisierung' auf der inhaltlichen oder der rhetorischen Ebene vorliegt, wie sie im Rahmen dieser Arbeit unterschieden werden (» zum entsprechenden Abschnitt).

Probleme der Vermittlung von Globalisierung:

» Einleitung

» Nationalstaats-Fixierung
» Distanz
» Dynamik
» Legenden
» Komplexität
» fehlende Referenzebene


Probleme der EU-Vermittlung:

» Einleitung

» Nationalstaats-Fixierung
» Distanz
» Dynamik
» Legenden
» Komplexität
» fehlende Referenzebene
 


In der Regel wird man feststellen, dass es sich um eine gemischte Verwendung handelt. Will man dann mit dem Globalisierungsbegriff in einem anderen Text vergleichen, kann es durchaus sein, dass schon der gemeinsame Referenzrahmen fehlt, der unabdingbar ist, um erkenntnisfördernde Vergleiche anstellen zu können. Die fehlende Referenzebene bildet also ein Teilproblem dessen, was im Rahmen dieser Arbeit als das Grundproblem bei der Vermittlung von Globalisierung bezeichnet wird, nämlich die begriffliche Unklarheit.
 

Globalisierung ist ...

"... ein Prozess der Überwindung von historisch entstandenen Grenzen. Sie ist daher gleichbedeutend mit der Erosion (also nicht mit dem Verschwinden) nationalstaatlicher Souveränität und stellt sich als 'Entbettung' der Marktökonomie aus den moralischen Regeln und institutionalisierten Bindungen von Gesellschaften dar ..." [Elmar Altvater]

"... Intensivierung weltweiter sozialer Beziehungen, durch die entfernte Orte in solcher Weise miteinander verbunden werden, dass Ereignisse am einen Ort durch Vorgänge geprägt werden, die sich an einem viele Kilometer entfernten Ort abspielen, und umgekehrt ..." [Anthony Giddens]

"... ist zu einem Schlagwort geworden, das in politischen, publizistischen und wissenschaftlichen Debatten seit einiger Zeit inflationär gebraucht und dabei einerseits als 'Bedrohung', andererseits als 'Chance' betrachtet wird ...
Prozess steigender Ver-bindungen zwischen Gesellschaften und Problembereichen ..." [Johannes Varwick

"... a social process in which the constraints of geography on social and cultural arrangements recede and in which people become increasingly aware that they are receding ... Globalization does not necessarily imply homogenization ... Globalization merely implies greater connectedness and de-territorialization ..." [Malcolm Waters]

"... quantitative und qualitative Intensivierung grenzüberschreitender Transaktionen bei deren gleichzeitiger räumlicher Ausdehnung ..." [Ulrich Menzel

"... größte wirtschaftliche und gesellschaftliche Umwälzung seit der industriellen Revolution ..." [Dirk Messner/Franz Nuscheler]

"... die zunehmende wechselseitige Abhängigkeit und Integration der verschiedenen Ökonomien rund um den Globus ..." [Meghnad Desai]

"... durch die Globalisierung intensiviert sich der Wettbewerb auf den Märkten ..." [C. Christian v. Weizsäcker]

"... Entfesselung der Kräfte des Weltmarktes und ökonomische Entmachtung des Staates ..." [Hans-Peter Martin/Harald Schumann]

"... all jene Prozesse, durch die die Völker der Welt in eine einzige Weltgesellschaft, die globale Gesellschaft, eingegliedert werden ..." [Martin Albrow]

...

...

...

Die Liste an Globalisierungsbegriffen ließe sich beliebig erweitern. Festzuhalten bleibt, "wo von Globalisierung die Rede ist, geht es nicht unbedingt nur um 'reale' Veränderungen, sondern auch um eine neue Sicht unserer Lebensumstände und deren Interpretation." [2] Vor allem deshalb gibt es keine und kann es keine eindeutige Begriffsbestimmung geben.

 Folgeprobleme für die Vermittlung von Globalisierung

Beschränkt man sich bei der Behandlung des Themas Globalisierung auf die inhaltliche Ebene, bieten sich Vergleiche mit anderen soziologischen Prozessbegriffen wie Modernisierung oder Industrialisierung an. Allerdings läuft man dann Gefahr, den politischen Kern des Themas zu verfehlen, nämlich die Debatte darüber, was Globalisierung ist, verstanden als Debatte darüber, wie wir die Zukunft gestalten wollen.

Beschränkt man sich auf die rhetorische Ebene, bleibt das Thema inhaltsleer. Um Zukunftsentwürfe, die im Zusammenhang mit "Globalisierung" präsentiert werden, verstehen und beurteilen zu können, braucht man fundiertes Wissen über die inhaltliche Dimension - die Transformationsprozesse, ihre Ursachen, Dimensionen und Folgen.

Hinzu kommt die generelle Schwierigkeit des nationalen bias der politischen Bildung: "Der Referenzrahmen, innerhalb dessen die Ziele und Inhalte der Bildung abgesteckt werden, ist nach wie vor an die Grundlage einer nationalen Kultur gebunden und einem nationalen Gesellschaftsverständnis verhaftet, das die Grenzen der Gesellschaft mit den Grenzen des Territorialstaates identifiziert." [3] Dieses Problem wird unter dem Stichwort "Nationalstaats-Fixierung" an anderer Stelle vertieft (
» zum entsprechenden Abschnitt).

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Anmerkungen:

[1]

JÖRG DÜRRSCHMIDT, Globalisierung, Bielefeld 2002, S. 12.
[zurück zum Text]

 

[2]

Lothar Brock, Globaler Wandel und Staatenpolitik - Plädoyer für Multilateralismus. Von der Staatenkooperation zur Verbraucherallianz?; Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Frankfurt, HSKF-StandPunkte 7/1997, S. 1.
[zurück zum Text]

 

[3]

KLAUS SEITZ, Lernen für ein globales Zeitalter. Zur Neuorientierung der politischen Bildung in der postnationalen Konstellation; in: Christoph Butterwegge/Gudrun Hentges, (Hg.), Politische Bildung und Globalisierung, Opladen 2002, S. 47.
[zurück zum Text]

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